Wallonien

Louvain-la-Neuve, die Stadt, die vor 60 Jahren noch nicht existierte

Louvain-la-Neuve ist eine Planstadt. Sie wurde ab 1971 aus dem Nichts erbaut und zählt heute 30.000 Einwohner. Zudem beherbergt sie die zweitgrößte Universität Belgiens.

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Der zentrale Platz in Louvain-la-Neuve. © UCL.

Belgien beherbergt viele Gemeinden mit einzigartigen Geschichten. Eine davon ist Louvain-la-Neuve, 30 Kilometer südöstlich von Brüssel. Louvain-la-Neuve ist eine Planstadt, die 1971 nach einem Sprachkonflikt zwischen niederländischsprachigen und französischsprachigen Studenten der Universität Leuven in Flandern gegründet wurde.

"Walen Buiten"

Seit 1425 in Leuven ansässig, erlebte die Katholische Universität Löwen 1968 eine politische Erschütterung, die zur Teilung in zwei unabhängige Universitäten führte. Die Universität in Leuven (die KUL, nicht zu verwechseln mit der UCL in Louvain-la-Neuve) zog immer mehr französischsprachige Studenten an – zu viele, nach Ansicht der flämischen Kommilitonen. Einige Vorlesungen wurden ausschließlich auf Französisch gehalten, und das Gefühl einer frankophonen Dominanz breitete sich zunehmend unter den flämischen Studenten aus.

Nach Jahren des Protests erreichte die Revolte 1968 ihren Höhepunkt, als Zusammenstöße zwischen Poliezi und flämischen nationalistischen Studenten ausbrachen, die den Slogan "Walen Buiten" ("die Wallonen raus") skandierten. Sie setzten sich durch: Zusätzlich zum Sturz der damaligen Regierung entschied die Universität, die Einrichtung in zwei rechtlich unabhängige Entitäten zu teilen – eine niederländischsprachige und eine französischsprachige.

Eine innovative und fußgängerfreundliche Stadtplanung

Die niederländischsprachige Universität blieb in Leuven, aber für die neue französischsprachige Einrichtung musste ein Standort in der Wallonie gefunden werden. Der Grundstein wurde 1971 in Ottignies gelegt, auf einem Gelände von nur 150 Hektar, das 1966 erworben wurde. Es ging jedoch nicht darum, einen isolierten Campus auf wallonischem Boden zu errichten. Mit Unterstützung der Politik beauftragte die UCL zahlreiche Stadtplaner, einen Plan für eine Universität zu entwerfen, die nicht nur akademische, sondern auch Wohn-, Kultur- und Handelsfunktionen erfüllen würde. So entstand aus dem Nichts Louvain-la-Neuve, benannt als Gegensatz zu Leuven.

Heute ist Louvain-la-Neuve mehr als nur eine Universitätsstadt. Mehr als die Hälfte der Bewohner sind zwar Studenten, doch leben hier auch rund zwölf Tausend ständige Bewohner, die keine Verbindung zur UCL haben. Der Autoverkehr ist hauptsächlich unterirdisch, was dazu führt, dass das Stadtzentrum nahezu vollständig fußgängerfreundlich ist. Dieser Aspekt, kombiniert mit hochwertigen und modernen Infrastrukturen, hat junge Familien, Berufstätige und ältere Menschen angezogen.

Internationale Anerkennung

Am 27. und 28. September wurde Papst Franziskus von der Universität Leuven nach Belgien eingeladen, um im Vorfeld ihr 600-jähriges Bestehen zu feiern. So besuchte er am ersten Tag die KUL in Leuven, bevor er die UCL in Louvain-la-Neuve aufsuchte. Françoise Smets, die erste Rektorin in der Geschichte der UCL, erinnerte an den gesellschaftlichen Beitrag ihrer französischsprachigen Universität.

Françoise Smets, rectrice de l’UCL. © UCL.

Françoise Smets, Direktorin der UCL. © UCL.

"Die UCL hat dazu beigetragen, die Gesellschaft weiterzuentwickeln, und sie hat sich auch gemeinsam mit der Gesellschaft weiterentwickelt. Dies geschah insbesondere durch die Menschen, die hier waren. Wir waren Motoren großer Revolutionen, beispielsweise mit Erasmus, Mercator, Vesalius, Georges Lemaitre, Christian De Duve. Wir konnten im Dienste der Gesellschaft innovativ sein", betonte sie.

Louvain-la-Neuve ist nicht nur die einzige Planstadt in der jüngeren Geschichte Belgiens. Ihre Stadtplanung und die akademische Exzellenz ihrer Universität haben ihr mittlerweile internationale Anerkennung eingebracht.

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