Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte
Die Stahlhütte aus dem 19. Jahrhundert ist das weltweit letzte vollständig erhaltene Eisenwerk aus der Blüte des Industriezeitalters und damit zu recht UNESCO-Weltkulturerbe. Aber der Ort ist viel mehr als nur ein riesiges stählernes Stück Industrieromantik, sondern ein Ort der Begegnung, wo Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufeinandertreffen.

Die Geschichte der Völklinger Hütte beginnt 1873 als der Hütteningenieur Julius Buch das erste Puddel- und Walzwerk in Völklingen gründete. Für die damaligen Verhältnisse war die Technik des Werks hochmodern, aber die Firma konnte sich nicht gegen die billigen Importe aus Großbritannien durchsetzen. Das Werk musste nach gerade einmal sechs Jahren schließen. Aber das war noch lange nicht das Ende der Hütte.
Der größte Eisenträgerhersteller Deutschlands
1881 kauften die Gebrüder Röchling unter der Leitung von Carl Röchling die stillgelegte Anlage. Im Jahr darauf konnten schon der erste Hochofen wieder in Betrieb genommen werden. Innerhalb weniger Jahre wurde aus den “Röchling’schen Eisen- und Stahlwerke“ der größte Eisenträgerhersteller Deutschlands.
Ein Stück französische Geschichte steckt auch in der Völklinger Hütte, denn für die Produktion wurde Lothringer Minette genutzt, ein Eisenerz aus der Grenzregion. Zudem war das Werk nach dem Ersten Weltkrieg in französischer Hand. Schon in der Vergangenheit war die Hütte ein Ort der Zukunft. Technische Neuerungen prägten das Werk und setzten damals neue Maßstäbe: die Einführung des Thomas-Verfahrens, die erste Koksbatterie und die weltweit erste Trockengasreinigung.
Nachkriegswirtschaft
Aber so rosig, wie es bisher klingt, war die Geschichte leider nicht. Mit den Weltkriegen begann das dunkelste Kapitel der Völklinger Hütte. Tausende Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter aus Frankreich, Polen, Russland, USA und unzähligen weiteren Staaten haben sich in den Eisenwerken teilweise zu Tode geschuftet. Mindestens 400 Menschen starben in den beiden Weltkriegen durch die unmenschlichen Arbeitsbedingungen.
In den 1950er Jahren erlebte das Werk seinen Produktionshöhepunkt, befeuert durch den Nachkriegsbauboom. Doch auch die weltweite Stahlkrise der 1970er Jahre hinterließ ihre Spuren. Die Völklinger Hütte fusionierte 1975 mit den „Vereinigten Hüttenwerken Burbach-Eich-Düdelingen“, und 1982 entstand die Arbed Saarstahl GmbH. Daraus wurde 1986 die Saarstahl Völklingen GmbH und 1989 die Saarstahl AG. Nachdem das Werk 1986 stillgelegt wurde, ernannte es die UNESCO 1994 zum Weltkulturerbe.

Gesamtansicht ca. 1948–1955. Amerikanische Archivaufnahme
Die Gegenwart und Zukunft
Heute bietet die Völklinger Hütte vor allem Raum für Kunst und Kultur. Auf dem Gelände finden immer wieder Konzerte statt, in der alten Gebläsehalle gibt es regelmäßig atemberaubende Ausstellungen. Eine ganz besondere Kulisse für Ausstellungsstücke.
Von Inka-Mumien über Ferraris und Aktfotografien bis hin zu keltischer Kunst - die Ausstellungen könnten kaum vielseitiger sein. Aktuell können Interessierte THE TRUE SIZE OF AFRICA erfahren, eine Ausstellung, die sich, um dem Namen gerecht zu werden, vom Pumpenhaus über die Gebläsehalle, Verdichterhalle und Sinteranlage bis hin zur Erzhalle erstreckt. Im November folgt mit “X-Ray” die erste Ausstellung überhaupt, die sich mit Röntgenstrahlung auseinandersetzt.
Die beleuchtete Völklinger Hütte. © ODietze/Weltkulturerbe Völklinger Hütte