Augenblick, das deutsche Kino von damals und heute
Das Festival des deutschen Films Augenblick feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Vom 5. bis 22. November stehen im Elsass, aber auch in Lothringen, mehr als 1250 Vorstellungen auf dem Programm. Dabei aber auch Hommagen an Legenden und ein engagierter Blick auf gesellschaftliche Probleme.
Im Jahr 2023 versammelte das deutsche Filmfestival Augenblick 70.000 Kinobesucher in zwei Wochen, was einem Anstieg von 14% im Vergleich zum Vorjahr entspricht, wie die künstlerische Leiterin Sadia Robein erklärte. Augenblick, das sind 46 Vorführorte und 1257 Vorstellungen im Elsass, in Nancy und Sarreguemines. Das Festival wird vom Verein Le Récit organisiert und dank des Dreijahresvertrags mit der Eurometropole Straßburg unterstützt. Es weitet sich also aus und gewinnt Jahr für Jahr an Beliebtheit. Die 20. Ausgabe des Festivals beginnt am 5. November und dauert bis zum 22. November.
Historische Rückblicke
Die Berliner Filmlegende Marlene Dietrich wird ebenso geehrt wie der Österreicher Axel Corti und die Saarbrückerin Ingrid Caven, eine Gelegenheit, anthologische Filme in remasterten Versionen auf der großen Leinwand (wieder) zu entdecken. Für die Organisatoren war es wichtig, die Darstellerin der Lili Marleen, eine selbstbewusste, transgressive Ikone, die sich gegen ideologische Einfalt wehrt, anhand ihrer drei bekanntesten Filme zu feiern.
Axel Cortis Trilogie Welcome In Vienna steht übrigens in derselben Reihe wie der Dietrich gewidmete Fokus, da die beiden Regisseure von Der Blaue Engel (1930, Josef von Sternberg) und Eine auswärtige Affäre (1948, Bill Wilder), bevor sie wichtige Figuren des Hollywoodkinos wurden, vor dem Antisemitismus in Mitteleuropa geflohen waren. Dieses Triptychon erzählt von der Realität der Migration österreichischer Juden durch Europa, dann von ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten, die als Eldorado angesehen werden, und schließlich von der Rückkehr nach Wien, wo die Ernüchterung einsetzt, in einer Stadt, in der alles wieder aufgebaut werden muss.
Die Schauspielerin und Sängerin Ingrid Caven wird in drei Spielfilmen zu sehen sein, darunter zwei von R.W. Fassbinder (Mutter Küsters’ Fahrt zum Himmel, 1975 und In einem Jahr mit 13 Monden, 1978). Ingrid Caven ist die Muse der französischen und deutschen Nouvelle Vague und wird Ende des Jahres ihr neues Album Heidschi Bumbeidschi - 16 moments de ma vie veröffentlichen.
Austausche, Debatten und gute Musik
Für das Organisationsteam hinterfragt, kontextualisiert und beleuchtet das Kino gesellschaftliche Themen wie das Verhältnis zu Armut, Homosexualität und Alter, insbesondere durch die Carte Blanche, die dem Philosophen und Soziologen Didier Eribon (Autor von „Retour à Reims“) gewährt wird, oder die Sparte „Berlin, Schmelztiegel der Kämpfe der sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten“. Zwischen Aktivismus, Lebenserfahrungen und Dramen will Augenblick die Debatte über die Rolle von Minderheiten in der westlichen Gesellschaft von den 1970er Jahren bis heute eröffnen.
Zu sehen: Queer Exile Berlin (2023, DE), Le Cercle (2014, CH), Deux (FR, 2019).
Außerdem stehen zahlreiche Veranstaltungen auf dem Programm, darunter eine Diskussionsrunde über die Stellung von Regisseurinnen im Internet und auf Wikipedia, die von der Vereinigung Les Sans Pages und dem Kollektiv 50/50 am 20. November im Cosmos in Straßburg geleitet wird. Während des Festivals finden drei Mix-Sessions in der Graffeteria im Quartier Gare in Straßburg statt. Die von Iyas al Shouli wird Techno anbieten, der von der Schwulengemeinschaft der 1960er und 1970er Jahre inspiriert ist.
Die Organisatoren von Augenblick setzen parallel dazu auf Networking und Ausbildung, sowohl für junge europäische Produzenten als auch für Gymnasiasten. Das Festival hat mehrere Jurys (junge Produzenten, Gymnasiasten), Fallstudientage für Produzenten und Autoren wie eine Kurzfilmakademie eingerichtet. Ein Filmkritikwettbewerb steht auch den 15- bis 20-Jährigen offen und ermöglicht es den Gewinnern, an der Berlinale 2025 als Zuschauer teilzunehmen.
Link zur Webseite des Festivals hier.
Lesen Sie auch: Augenblick rückt das deutsche Kino ins Rampenlicht
Das Plakat des 20. Festivals zeigt eine bewusst provokante Marlene Dietrich. Foto: „An Bord der Bremen“, 1931 © Richard Fleischhut, Deutsche Kinemathek.