Der Nürburgring – die asphaltierte Ikone der Eifel
Im Norden von Rheinland-Pfalz versteckt sich der Nürburgring. Ein Jahrhundert bewegter Geschichte begleitet den Komplex und seine Strecken. Zudem strömen jedes Jahr rund 90.000 Besucher zum Festival „Rock am Ring“ auf das Ring-Gelände.

Vor fünf Monaten richtete VN+ den Fokus auf den Premium-Autohersteller Bugatti, beheimatet in Dorlisheim im Elsass. Am gegenüberliegenden Ende der Großregion liegt das weltweit bekanne Nürburg. Auch wenn Bugattis Veyron, Divo oder Chiron keinen Rekord auf der über zwanzig Kilometer langen Nordschleife halten, lohnt sich ein Blick auf diese legendäre Strecke – ein Ort, an dem Geschichte geschrieben wurde.
14 Millionen Reichsmark und 2.500 neue Jobs
Warum entschied man sich ausgerechnet für ein Dorf mit weniger als 200 Einwohnern? In einem Deutschland, das nach dem Ersten Weltkrieg wirtschaftlich am Boden lag, wurde der Bau einer Rennstrecke ein Mittel um international an Einfluss zu gewinnen, und ein Vorwand, um in Innovation und Technik zu investieren.
Zudem verfügte Deutschland damals noch über keine permanente Rennstrecke – anders als Italien (Monza seit 1922) oder Frankreich (Le Mans seit 1923). In der Eifel stieg die Arbeitslosigkeit in den harten Wintern der frühen 1920er-Jahre auf bis zu 30 Prozent. Der Bau des Rings, mit einem Budget von 14 Millionen Reichsmark und 2.500 neuen Arbeitsplätzen, begann 1925. 2027 wird der Nürburgring den 100. Jahrestag seines ersten Rennens feiern – ein Rennen, das Rudolf Caracciola auf Mercedes-Benz S gewann.
Niki Lauda und das Ende der Formel 1
Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem der Nürburgring zeitweise für nationalsozialistische Propaganda missbraucht wurde, fand er rasch zur Motorsporttradition zurück. Der Große Preis von Deutschland kehrte auf die Nordschleife zurück – damals 22,8 Kilometer lang. Die Strecke wurde zur Legende – für ihre spektakulären Eigenschaften, aber auch für ihre Gefährlichkeit. 170 Kurven, 300 Höhenmeter, dichte Vegetation, die die Sicht versperrte, und Zuschauer, die teils direkt an der Strecke standen.
1970 streikten die Fahrer – die Nordschleife war ihnen zu gefährlich.
„Es war einfach absurd. Keine Strecke hat mehr Menschenleben genommen als die Nordschleife. Es gab nicht mal Absperrungen. Ich erinnere mich an ein wunderbares Foto, auf dem ich in meiner Matra MS80 fahre – direkt daneben ein verunfalltes Auto, das noch von einem früheren Rennen dort stand“, sagte Jackie Stewart, einer der Fahrer von 1970, gegenüber Motorsport-Total.
Bis 1976 wechselte sich der Nürburgring mit dem Hockenheimring als F1-Austragungsort ab – bis zum folgenschweren Unfall von Niki Lauda. Der österreichische Fahrer überlebte schwer verletzt – doch der Nürburgring war fortan aus dem Formel-1-Kalender gestrichen.
Ein moderner Tourismuskomplex

Alle Shops auf dem Ring-Gelände. © Pascale Braun.
Heute ist der Nürburgring ein moderner Freizeit- und Technologiekomplex. Drei Hotels stehen auf dem Gelände, dazu ein Dutzend Snackbars und Bars, rund fünfzehn Shops sowie zahlreiche Erlebnisangebote. Gegen Bezahlung dürfen Besucher auf beiden Strecken fahren – der heute 20,8 Kilometer langen Nordschleife sowie dem 5,1 Kilometer langen Grand-Prix-Kurs. Voraussetzung: ein zugelassenes Fahrzeug und ein gültiger Führerschein.
Nürburg, mehr als nur Motorsport

Rock am Ring, 2017. © Andreas Lawen, Fotandi, CC BY-SA 4.0.
Der Nürburgring ist ohne Zweifel ein Heiligtum für Motorsportfans – aber auch Rockliebhaber reisen jährlich dorthin. Seit 1985 findet auf dem Gelände das Festival Rock am Ring statt – mit rund 90.000 Besucher*innen pro Ausgabe eines der größten Events seiner Art in Europa.
Und Nürburg hat noch einen Trumpf im Ärmel: Hoch über der Ortschaft thront die Burgruine aus dem 12. Jahrhundert. Sie überstand den Dreißigjährigen Krieg und die preußische Zeit – und sorgt bei ihren Besuchern heute für eine ganz andere Art von Adrenalinschub.

Formel 1-Wagen aus der 50er Jahren, ausgestellt am Nürburgring. © Pascale Braun.
Eine Ferrari, 2023 während der Endurance Series. © SunflowerYuri, CC BY-SA 4.0.