Kaum gegründet, zeigt sich die Europäische Konföderation der Grenzgänger kämpferisch
Vier Verbände, die luxemburgische und schweizerische Grenzgänger vertreten, haben sich zusammengeschlossen, um die neue Struktur der Europäischen Konföderation der Grenzgänger (CEF) zu bilden. Ihr Hauptanliegen ist die bevorstehende Veröffentlichung eines französischen Regierungserlasses zur Arbeitslosenunterstützung für Grenzgänger sowie zu neuen Abgaben für Rentner mit mehreren Rentenansprüchen.

Die Einführung einer ersten Reform der Arbeitslosenunterstützung für Grenzgänger durch den französischen Staat im Oktober letzten Jahres hat zu einer beispiellosen Zusammenarbeit zwischen Grenzgängerverbänden geführt. Zum ersten Mal haben sich Vertreter von Organisationen, die sich auf die Schweiz und Luxemburg konzentrieren, zusammengeschlossen, um die Europäische Konföderation der Grenzgänger (CEF) zu gründen. Die Präsidenten der Verbände Frontaliers Luxembourg, Afal (Association d’aide aux travailleurs frontaliers) für die französisch-luxemburgische Seite sowie Association d'Aide aux Frontaliers (ADF) und Amicale des Frontaliers für die Schweiz haben sich das Ziel gesetzt, koordiniert zu agieren und gemeinsame Positionen auf nationaler und europäischer Ebene zu vertreten.

Pascal Peuvrel, Präsident von Afal und Mitbegründer von Frontaliers Luxembourg. DR
„Die ersten Vorschläge von Michel Barniers Regierung zur Arbeitslosenunterstützung im vergangenen Oktober erschienen uns eindeutig diskriminierend. Da die Grenzgänger in der Schweiz mit denselben Herausforderungen konfrontiert sind, haben wir uns in Pontarlier (im französichen département Doubs) getroffen, um verschiedene Themen zu besprechen“, erklärt Pascal Peuvrel, Präsident der Afal und Mitbegründer von Frontaliers Luxembourg.
Die Afal, die 2.000 Mitglieder zählt, unterstützt Grenzgänger seit über zwanzig Jahren in juristischen, steuerlichen und sozialen Fragen. Sie begleitet sie sowohl im Umgang mit der luxemburgischen Verwaltung als auch bei der Arbeitssuche. Am Samstag, den 15. März, organisiert sie ihren traditionellen Grenzgängertag im Einkaufszentrum Géric in Thionville.

Copyright Afal.
Das im Juni 2024 gegründete Frontaliers Luxembourg definiert sich als Think Tank, der französische, deutsche und belgische Grenzgänger gegenüber den luxemburgischen Behörden vertritt.
Mehr politische Anerkennung gewinnen
Vorrangig sind für die CEF die Herausforderungen der Arbeitslosenunterstützung auf nationaler und europäischer Ebene, die Frage der CSG/CRDS-Beiträge von Mehrfachrentnern und die Regelung der grenzüberschreitenden Telearbeit.

Jean-Marc Koenig, Präsident der ADF.
„Wir haben festgestellt, dass wir nichts erreichen können, wenn jeder seine eigenen kleinen Aktionen in seiner Ecke durchführt. Wir müssen von den Behörden anerkannt werden und erreichen, dass wir an den Beratungen der Regierungen beteiligt werden“, meint Jean-Marc Koenig, Präsident der ADF.
Die vor vier Jahren in Habstein gegründete ADF wird von Ehrenamtlichen geführt und bietet eine individuelle Unterstützung für französische Arbeitnehmer aus dem Haut-Rhin, die in der Region Basel arbeiten. Dank Vereinbarungen mit Arbeitsamt, den Rentenkassen und der Steuerverwaltung kann sie gezielt helfen. Zusätzlich zu institutionellen Strukturen wie Infobest unterstützt sie Grenzgänger auch bei der Erstellung von Lebensläufen und langfristiger beruflicher Begleitung.
Ein erwartetes Dekret
Ein von der französischen Regierung als „unmittelbar bevorstehend“ angekündigter Erlass zur Arbeitslosenunterstützung von Grenzgängern sorgt für Unruhe innerhalb der CEF.
Die ursprüngliche Reform im Herbst sah eine deutliche Kürzung der Arbeitslosenunterstützung für Grenzgänger vor, wurde jedoch aufgrund des Verfassungsrechtes zurückgezogen. Doch die erneute Ernennung von Arbeitsministerin Astrid Panosyan-Bouvet durch die Regierung von François Bayrou hat dazu geführt, dass ein neues Dekret vorgelegt wurde. Dieses wurde am 11. Januar im Parlament präsentiert und sieht vor, dass die Arbeitslosenunterstützung nicht mehr auf dem im Arbeitsland erzielten Gehalt basiert, sondern auf dem in Frankreich für denselben Beruf üblichen Lohn. Zusätzlich soll die Definition des "angemessenes Arbeitsangebot" überarbeitet werden, sodass Grenzgänger gezwungen werden könnten, in Frankreich Arbeit anzunehmen, auch wenn die Bezahlung weit unter den Gehältern in Luxemburg, Deutschland oder der Schweiz liegt.
Eine neu interpretierte EU-Richtlinie
Ein weiteres brisantes Thema betrifft die CSG- und CRDS-Abgaben (Sozialversicherungsbeiträge) auf Renten von ehemaligen Grenzgängern. Der französische Staatsrat fällte am 25. Oktober 2024 ein Urteil über die Besteuerung von Renten aus mehreren EU-Staaten. Während ein Urteil des Verwaltungsgerichts Lyon von 2023 eine Schweizer Rentnerin von den zusätzlichen Sozialabgaben befreit hatte, argumentiert der Staatsrat nun, dass die EU-Verordnung vom 29. April 2004 es einem Mitgliedstaat nicht verbietet, Sozialabgaben auf die gesamten Renteneinkünfte einer Person aus mehreren EU-Staaten zu erheben.
„Diese Interpretation des EU-Rechts ist skandalös“, sagt Pascal Peuvrel. „Wenn für arbeitende Grenzgänger keine zusätzlichen Sozialabgaben fällig sind, warum dann für Rentner?“
Zusammenhalt und strategische Klarheit
Die junge Konföderation muss sich auch gegenüber den Gewerkschaften positionieren, die teils als nützliche Partner, teils als überholt angesehen werden. Ihr politisches Gewicht in den Verhandlungen wird auch davon abhängen, welche Beziehungen sie zu nationalen und europäischen Politikern aufbauen kann. Dies ist eine Herausforderung, da es nur wenige spezialisierte Vertreter für grenzüberschreitende Themen gibt. Die CEF, die mittelfristig ihre Aktivitäten auf weitere französische Grenzregionen ausdehnen will, wird diplomatisches Geschick und strategische Kohärenz beweisen müssen, um als erste repräsentative transnationale Organisation für die rund 500.000 Grenzgänger zwischen Luxemburg und Genf anerkannt zu werden.
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